Abfallwirtschaftkritik

Das Anliegen der Autoren ist es, die Berichterstattung zur Abfallwirtschaft zu ergänzen und auch zur Aufklärung dubioser Geschäfte beizutragen, die der deutschen Wirtschaft Schaden zufügen. Wir konzentrieren uns vorerst auf die mechanisch-biologische Abfallbehandlung - MBA.

Donnerstag, 1. März 2007

Abfallbehandlung in Osnabrück, Ennigerloh und Buchen

Osnabrück: Brand im Feuchtstabilat?
Ennigerloh: Heiß erwischt
Buchen: Drittwelt-Klitsche?

In der Nacht zum Samstag, 27. Januar 2007, hat es erneut bei Herhof / Helector in Osnabrück gebrannt. Diesmal in einem Zwischenlager mit Trockenstabilat der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung - MBA. Laut der Neuen Osnabrücker Zeitung kam es zu dem Brand offenbar durch Selbstentzündung. Mit dem durch Verrottung getrockneten Ersatzbrennstoff verhält es sich ähnlich wie mit Gremlins, den schlitzohrigen Fabeltierchen aus Hollywood. Man darf sie nicht nass machen, sonst kommt es zur Katastrophe.

Wenn Trockenstabilat oder ähnlicher Ersatzbrennstoff feucht wird, fängt ab etwa 15 % Wassergehalt die Verrottung erneut an, in diesem Fall offenbar bis zur Selbstentzündung. Rein theoretisch ist es möglich, dass das Hallendach undicht war und es hereingeregnet hat. Wahrscheinlicher ist, dass das Stabilat feucht eingelagert wurde. Feuchtstabilat entsteht dann, wenn die Rotte zu kurz war, zum Beispiel wegen eines Kapazitätsengpasses (s. früherer Bericht) oder durch anaerobe Nester im Rottegut.

Die geplante Ausweitung der Zwischenlagerung in drei Hallen kann das Problem mit Feuchtstabilat zwar zwischenzeitlich einhausen, aber kaum lösen. Die behördlicherseits geforderte Sprinkleranlage würde bei der nächsten Selbstentzündung zu einer großen Menge nassen Matsches führen, den kein Zementhersteller. Wird da ein Endlager vorbereitet, mit den Hallen als sichtgeschütztem Umschlagplatz?

Der von Herhof / Helector groß angekündigte weltweite Export der Technologie erscheint immer fragwürdiger (s. Bericht vom Brand im August 2006).

Ebenfalls an einem Samstagmorgen, am 3. Februar 2007, brannte die von Horstmann gebaute MBA Ennigerloh im mechanischen Teil. Etwa 300 t Ersatzbrennstoff gingen in Flammen auf. Ursache noch unbekannt. Die Freiwillige Feuerwehr Ennigerloh kennt die Anlage bereits. 2006 löschte sie in einer Recyclinganlage am Westring von Ennigerloh dort ist die MBA schon am 12. Dezember, 31. August, 19. Juni und 24. April. Den Brand am 16. März musste sie dreimal nachlöschen. Zu Fehlalarmen wurde sie am 28. Dezember, 21. Dezember, 23. Juni, 21. Juni, 11. Mai und 27. April gerufen. Sechs Brände und sechs Fehlalarme in einem Jahr. Immerhin informierte der Betreiber Ecowest noch am selben Tag professionell über das Malheur, was durchaus nicht die übliche Praxis ist.

Peinlich für Ecowest-Chef Thomas Grundmann, dass er in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer des ASA e.V. (Arbeitsgemeinschaft Stoffspezifische Abfallbehandlung) noch am 16. Januar 2007 in einer Pressemeldung verlauten ließ, es gebe nur bei fünf MBA-Anlagen speziell mit einer Nassvergärungsstufe - eingeschränkte betriebliche Schwierigkeiten. Der ASA e.V. sieht sich nach eigenen Angaben als Bundesverband für MBA-Technik.

Wer nachrechnet, merkt, dass es mehr als fünf sind. Probleme haben / hatten die MBA in Lübeck, Hannover, Osnabrück, Ennigerloh (NRW), Göttingen / Deiderode, Freienhufen (Brandenburg), Asslar (Hessen), Buchen und Heilbronn (beide in BW). Das wären dann neun.

Deutschland braucht wohl eher eine Qualitätsoffensive als gutgemeinte Pressemitteilungen. Die Hiobsbotschaften über MBA häufen sich leider. Haase, Herhof / Helector, Hese, Horstmann. Und EnBW / U-Plus / T-Plus. Man fragt sich, wo es klemmt. Natürlicher Ausleseprozess junger Technologien? Technisches Unvermögen? Missmanagement? Kaufen Kommunen ihre Entsorgung zu billig ein, weil Geiz doch geil ist? England könnte ein guter Exportmarkt sein, der auch schon Interesse an "kontinentaler" Technik bekundet hat. Haase meldete gerade einen Auftrag aus Manchester. War die Entscheidung etwa schon vor dem Malheur in Lübeck gefallen? Hoffentlich wird die Exportchance für deutsche Abfalltechnik nicht verschenkt.

www.asa-ev.de
http://www.ecowest.de/default.htm
http://www.feuerwehr-ennigerloh.de/Einsaetze/Einsaetze2007/070203ba/070203ba.htm
http://www.feuerwehr-ennigerloh.de/Einsaetze/Einsaetze2007/070208bma.htm
(auch Fotos vom Brandeinsatz in Ennigerloh)
http://www.haase-energietechnik.de/de/News/


Hier der Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 31. Januar 2007
http://www.neue-oz.de

"Trockenstabilat brannte: Halle war nicht genehmigt rll Osnabrück.
Es war Trockenstabilat von der Herhof-Anlage, das am Wochenende brannte, kein geschreddertesVerpackungsmaterial. Aber die Halle an der Carl-Stolcke-Straße war gar nicht für die Lagerung des Brennstoffs genehmigt. Und auch nicht geeignet, wie Gesche Saathoff-Schiche, die Leiterin des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamts, vermerkt.
Die Polizei hat ein Strafverfahren gegen die Firma Levien eingeleitet, die Herhof die Lagerhalle im Hafen vermietet. Möglicherweise müsse das Verfahren auf die Firma Herhof ausgedehnt werden, teilte ein Polizeisprecher gestern mit.

Beanstandet wird, dass leicht brennbares Material in einer Halle gelagert wurde, die lediglich als Containerabstellplatz genehmigt sei. Levien habe zwar eine Betriebsgenehmigung für die Lagerung von Trockenstabilat, allerdings in einem anderen Gebäude. Die Halle, in der es am Samstag gebrannt habe, habe keine Absauganlage und keine Sprinkleranlage, hieß es bei der Polizei. Schon aus Gründen der Feuersicherheit verbiete sich die Lagerung von brennbaren Substanzen.

Offenbar durch Selbstentzündung war das Trockenstabilat in Brand geraten. Es handelt sich um einen Brennstoff, der bei Herhof aus dem getrockneten und zerkleinerten Hausmüll gewonnen wird. Das Unternehmen am Fürstenauer Weg produziert davon rund 45000 Tonnen pro Jahr. Der größte Teil davon wird in einem Zementwerk bei Itzehoe verbrannt.

In Osnabrück werden täglich acht große Lkw mit Trockenstabilat auf die Reise geschickt, "just in time", wie Herhof-Betriebsleiter Dr. Ralf Tuminski versichert. Sein Unternehmen könne es sich nicht leisten, dass die Anlage heruntergefahren werden müsse, nur weil es auf der Autobahn mal wieder einen Stau gebe. Die "Umschlagfläche" bei Levien sei angepachtet worden, um solche Störungen abzupuffern. Und zwar in der Annahme, dass alles so genehmigt sei.
Tuminski kündigte an, dass Herhof demnächst eine eigene Halle auf dem Betriebsgelände am Fürstenauer Weg bauen wolle, um von Transportengpässen unabhängig zu sein. Im Gespräch sei eine Kapazität von zirka 1000 Tonnen. Der Bauantrag werde zurzeit vorbereitet, Fertigstellung solle möglichst noch in diesem Jahr sein.

Um über die Runden zu kommen, wolle Herhoff zwei weitere Hallen anmieten, denn das Zementwerk in Itzehoe werde voraussichtlich für fünf Wochen abgeschaltet. Diese Hallen seien von der Gewerbeaufsicht genehmigt, versicherte Tuminski."


Die Osnabrücker Sonntagszeitung schrieb am Sonntag, den 28. Januar 2007, auf Seite 9:
www.os-sonntagszeitung.de

"Vier Stunden Löscharbeiten bei Herhof
Geschreddertes Verpackungsmaterial fing Feuer.
Am vergangenen Freitag um 2.10 Uhr wurde die Feuerwehr Osnabrück zu einem Brand in
einem Lager der Firma Herhoff an der Carl-Stolcke-Straße im Hafen alarmiert. Neben dem
Löschzug der Berufsfeuerwehr, ergänzt durch das Großtanklöschfahrzeug (GTLF), wurde
die freiwillige Feuerwehr Eversburg eingesetzt. Beim Eintreffen wurde ein Schwelbrand in einer 20 mal 40 Meter großen Halle festgestellt, in der geschreddertes Verpackungsmaterial lagerte. Die Halle war komplett verraucht, erste Löschversuche durch das Betriebspersonal hatten keine fest stellbare Wirkung gehabt. Um den Schwelbrand zu loka-lisieren musste mittels Radlader das gelagerte Material ins Freie geschafft werden, wo es von der Feuerwehr mit Wasser und Netz-mittel abgelöscht wurde. Einige so freigelegte Brandnester flak-kerten mit offener Flamme auf, so dass zur Sicherheit des Radla-ders auch das Material in der Halle mit einer Schaumschicht mit den Möglichkeiten des GTLF abgedeckt wurde. Nach 4 Stunden Löscharbeiten war die Halle zu zwei Dritteln leerge-räumt. Das verbleibende Materi-al wurde nochmals mit Schaum abgedeckt, die Einsatzstelle an den Betriebsleiter übergeben. (PA)"


Die Tageszeitung Die Glocke berichtete am Samstag, den 3. Februar 2007:
http://www.die-glocke.de/gl/cgi/news/shownews.php?id=1756

"Ennigerloh: 10 Millionen Euro Schaden nach Deponiebrand
Von DIRK BALDUS

Ennigerloh / Kreis Warendorf (gl). Der Großbrand im Entsorgungszentrum der Abfallwirtschaftsgesellschaft des Kreises Warendorf am Samstagmorgen hat einen Schaden in Höhe von zehn Millionen Euro angerichtet. Verletzt wurde niemand. Nach Messungen der Feuerwehr und des Landesumweltamtes waren die Bürger in Ennigerloh nicht durch im Rauch enthaltene Giftstoffe gefährdet.

Ausgebrochen war das Feuer gegen 4.30 Uhr in der Früh. Über die Brandmeldeanlage der Deponie lief bei der Leitstelle ein Alarm auf. Udo Altenseuer, Pressesprecher der Ennigerloher Feuerwehr: „Schon beim Eintreffen war den Einsatzkräften klar, dass sie Verstärkung benötigten - das Feuer hatte bereits seine volle Ausdehnung erreicht.Betroffen war nach Aussage der Abfallwirtschaftsgesellschaft des Kreises die Aufbereitungsanlage für Ersatzbrennstoffe. Die Annahmehalle, in der schätzungsweise 500 Kubikmeter (etwa 300 Tonnen) Hausmüll lagerten, und die sich anschließende Großaufbereitung wurden durch das Feuer völlig zerstört.

Warum der Hausmüll Feuer fing, ist bislang noch nicht geklärt. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen aufgenommen. Erste Ergebnisse werden in den nächsten Tagen erwartet.Um die Flammen, deren Schein bis weit in den Kreis Warendorf hinein zu sehen war, zu löschen, musste die Feuerwehr unter Einsatzleitung von Andreas Wiegeler, Stellvertretender Leiter der Feuerwehr Ennigerloh, über 200 Einsatzkräfte alarmieren. Sämtliche Ennigerloher Löschzüge, dazu Tanklöschwagen, Drehleitern und Spezialfahrzeuge aus dem gesamten Kreis Warendorf und auch ein Schaumlöschzug aus Münster waren vor Ort, um bei den Löscharbeiten zu helfen und ein Ausbreiten auf die benachbarten Hallen zu verhindern.„Um 7.30 Uhr hatten wir das Feuer unter Kontrolle, berichtete Udo Altenseuer von der Ennigerloher Feuerwehr. Da war allerdings noch lange nicht Feierabend für die Feuerwehrmänner. Noch den ganzen Samstag über waren sie mit Nachlöscharbeiten beschäftigt. Das Schwierige an diesen Arbeiten: Der noch glimmende Restmüll musste mit Baggern und Raupen auseinander geschoben werden, damit er abgelöscht werden konnte. Dabei wurde die Feuerwehr von Mitarbeitern der Abfallwirtschaftsgesellschaft des Kreises unterstützt. Um Sämtliche Einsatzkräfte zu verpflegen, rückte das Technische Hilfswerk Oelde an.

Zu Beginn des Einsatzes sorgte bei der Ennigerloher Bevölkerung vor allem die Frage für Unsicherheit, welcher Müll auf der Deponie wohl brenne. Unmittelbar nach dem Eintreffen wurden von Experten der Feuerwehr an sieben Stellen erste Messungen vorgenommen. Gleichzeitig wurde das Landesumweltamt informiert, um an verschiedenen Orten in der Stadt die Belastung durch den Brandrauch zu kontrollieren. Udo Altenseuer: „Sämtliche Messungen haben ergeben, dass keine Giftstoffe entstanden sind, die die Bevölkerung gefährden könnten.
Da es in den ersten Minuten des Brandes nahezu windstill gewesen sei, sei ein Großteil des tiefschwarzen Qualms hoch aufgestiegen. Erst im Laufe der Löscharbeiten habe der Wind zugenommen und die Schwaden - überwiegend übers Gewerbegebiet Haltenberg hinweg - in Richtung Ostenfelde getrieben. Klar ist allerdings: Mit der Geruchsbelästigung werden die Ennigerloher noch einige Tage leben müssen.

Vor Ort war neben Ennigerlohs Bürgermeister Berthold Lülf auch Thomas Grundmann, Geschäftsführer des Entsorgungszentrums. „Die genaue Schadenssumme werden wir erst in den kommenden Tagen feststellen können. Nach ersten groben Schätzungen werden es wohl zehn Millionen Euro sein, sagte der Geschäftsführer. Der Feuerwehr, so Grundmann, sei man zu großem Dank verpflichtet. Durch ihr professionelles Eingreifen habe sie Schlimmeres verhindert. „Es ist gut, dass wir in mehreren Übungen unsere Zusammenarbeit eingespielt haben. Vorbildlich sei auch die Kooperation mit der Polizei und der Bezirksregierung gewesen.
Trotz des Brandes und dem vorläufigen Ausfall der mechanischen Abfallbehandlungsanlage ist die Abfuhr des Hausmülls nach Auskunft der AWG weiterhin gewährleistet. Dafür sorge ein Ausfallverbund mit anderen Entsorgern. Auch der Betrieb der übrigen Anlagenteile wie Recyclinghof oder Kompostanlage sei nicht betroffen. Das Entsorgungszentrum Ennigerloh soll am Montagmorgen um 7.30 Uhr wieder geöffnet sein."

Diese Aspekte und weitere behandeln Berichte des Europaticker vom 18. und 19. Februar 2007:
http://www.europaticker.de/ticker/news_druck0.php3?nummer=1687
http://www.web4free.at/Artikel.2434


Langsam sickern Hintergründe über das Desaster der MBA Buchen durch. Glaubt man einem Artikel der Rhein-Neckar-Zeitung vom 23. Februar 2007, (uns erscheint er glaubwürdig) ging es dort zu wie in einer Drittwelt-Klitsche. Die Mitarbeiter wurden demnach über Monate begast, mit Schwefelwasserstoff, Ammoniak (beide giftig), Methan und einem Cocktail aus Bakterien und Schimmelpilzen. Es kam zu Hornhautverätzungen, Mandelvereiterung, Hautauschlag, Zahnfleischentzündung und Augenrötung. Wie das Blatt berichtet, wurden mehrere Zeitarbeiter entlassen.

Unsere Schlussfolgerung: Zeitarbeiter und Leiharbeiter werden erfahrungsgemäß für die gröbste Drecksarbeit eingesetzt, um die eigene Belegschaft zu schonen (Krankenstand niedrig halten). Es ist dann nur naheliegend, dass man die chemisch und bakteriell am stärksten verseuchten Arbeiter zuerst und unkompliziert loswerden will, wie gesagt, wenn man eine Drittwelt-Klitsche betreibt. Eigentlich sollte das in Deutschland nicht möglich sein. EnBW meldete im Februar, dass im Geschäftsjahr 2006 erstmals ein Konzernüberschuss von mehr als 1 Milliarde Euro erzielt wurde (bei 13,2 Milliarden Euro Umsatz). Wir fragen uns da schon, ob der Frühkapitalismus zurückgekehrt ist.

EnBW / U-Plus-Pressesprecher Raphael Dieke setzt noch einen drauf. Seine Einschätzung teilte er der Heilbronner Stimme mit (Bericht 16. Februar 2007):

"Die Diskussion über die zugrunde liegende Technologie ist zwar laut Dieke noch nicht abgehakt, brauche aber wohl wieder eine ganze Menge Lobbyarbeit und auch noch weitere Entwicklungsarbeit. Schließlich läuft die Mehrzahl der MBA nicht rund."

Wie bitte Herr Dieke? Die Mehrzahl der anderen 50 MBA ist auch nicht besser als Ihre? Wenn man schmutzig ist, soll man sich waschen, nicht andere mit Dreck bewerfen! Unterziehen Sie sich mal einer gründlichen Perkolation. Ein Näschen Ammoniak könnte Ihre Wahrnehmung schärfen. Mit Lobbyarbeit ist es nun wirklich nicht getan. Und Entwicklungsarbeit gedeiht nur dann in einem guten Klima, wenn man seine Mitarbeiter nicht gewissenlos verheizt.

Laufen die Yellow-Kraftwerke eigentlich auch mit solchen Sicherheitsstandards? Gibt es da auch zerfressene Rohre? Fallen den Arbeitern die Zähne aus?


Hier der Bericht der Rhein-Neckar-Zeitung vom 23. Februar 2007:
http://www.rnz.de/zusammen13/00_20070223095600_Ausschlaege_Augenroetung_Entzuendungen_Arbeiter_.html

„Ausschläge, Augenrötung, Entzündungen: Arbeiter Gesundheitsgefahren ausgesetzt?
(Wd) Beschäftigte der wegen übler Gerüche und anhaltender technischer Probleme ins Gerede gekommenen Müllfabrik sollen nach RNZ-Recherchen monatelang ohne ausreichenden Arbeits- und Atemschutz in der Rottehalle gearbeitet haben. Dort soll es zu hohen Konzentrationen von aggressiven Stoffen wie Methangas, Ammoniak und Schwefelwasserstoff gekommen sein, die sogar Aluminiumrohre zerfressen haben sollen. In der Halle musste regelmäßig der vorbehandelte Müll unter Beimischung von Wasser umgesetzt werden, bis er zum Endprodukt, dem "Geostabilat" verrottet ist.

Bei eingesetzten Arbeitern soll es dabei auch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie starkem Augenröten, Zahnfleischentzündungen, Hautausschlägen, vereiterten Mandeln und Hornhautverätzungen gekommen sein. Ein Gutachten belege zudem eine stark überhöhte Ansammlung von Bakterien und Schimmelpilzen in der Rottehalle, in der die Menschen ihrer täglichen Arbeit nachgehen.

Offenbar wussten die Arbeiter der MBA monatelang nichts von möglichen Gesundheitsgefahren. Erst nach Monaten seien sie vom Gesundheitsbeauftragten des Betriebes über mögliche Gefährdungen informiert worden. Anfängliche Atemschutzvorrichtungen hätten sich als unbrauchbar erwiesen. Erst einige Zeit später seien die Arbeiter mit Vollatemschutzanzügen ausgestattet worden.

Wie hoch die Konzentration der Schadstoffe gewesen sein muss, lässt sich schon daran erkennen, dass Alu-Rohre der Abluftverbrennungsanlage in der Rottehalle nach geraumer Zeit schon derart korrodiert gewesen sein sollen, dass sie nicht mehr funktionstüchtig waren.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Anlage schon kurze Zeit nach der Inbetriebnahme nicht mehr richtig funktionierte und man den Müll nach Havarie der fünf Perkolatoren über Monate "im Bypass" in die Rottehalle gab. Wie hoch mag dabei noch der Anteil der gesundheitsgefährdenden Stoffe gelegen haben? Selbst nach acht Wochen in der Rottehalle hatte das Endprodukt Geostabilat noch nicht die nach der Technischen Anleitung Siedlungsabfall zwingend gesetzlich vorgeschriebenen Werte zum Einbau in die Deponie erreicht. Folge: Mehrere tausend Tonnen mussten unter freien Himmel nachgerottet werden, was ebenfalls zu erheblichem Müllgestank in Buchen und Umgebung führte.

In einem Schreiben an die Buchener Bürgerinitiative hat der bisherige U-Plus-Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Dr. Ing. Thomas Hartkopf zwar betont, für Anwohner lägen keine gesundheitlichen Gefährdungen vor, aber gleichzeitig eingeräumt, dass es bei Auswertung von Studien zu folgenden grundsätzlichen Ergebnissen gekommen sei: "Im Rahmen von Untersuchungen von 125 Beschäftigten in Kompostanlagen (keine EnBW-Anlagen) wurden drei Beschäftigte mit Befunden, welche auf Berufskrankheiten hindeuten, ermittelt."

Entgegen der vollmundigen Versprechungen des Energiekonzerns EnBW hat es inzwischen schon die ersten Freisetzungen von Beschäftigten der MBA gegeben. Mindestens drei Mitarbeiter sind nicht mehr im Betrieb. Dabei soll es sich um Arbeitnehmer mit Zeitverträgen handeln, die ab sofort "beurlaubt" wurden, obwohl ihre Verträge noch liefen. EnBW-Vorstandschef Utz Claassen hatte hingegen erklärt: "Unsere besondere Aufmerksamkeit gilt jetzt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MBA Buchen. Niemand soll aufgrund der Schließung seine Beschäftigung im Konzern verlieren."

Wie U-Plus hingegen auf Nachfrage erklärte, habe es in der MBA Buchen zum fraglichen Zeitpunkt keine Entlassungen gegeben. "Am 15. Februar und am 16. Februar wurde insgesamt drei Personen mitgeteilt, dass ihre Zeitverträge nicht verlängert würden, und somit die Beschäftigung mit dem regulären Auslaufen der Zeitverträge endet". Die Entscheidung, die Zeitverträge nicht zu verlängern, stehe "nicht im Zusammenhang mit der Schließung der MBA Buchen".

EnBW-Chef Claassen hat nach der 80-Millionen-Euro-Pleite in Buchen und Heilbronn (an beiden Standorten werden die MBA geschlossen) offenbar Köpfe bei der Betreiberfirma U-Plus rollen lassen und den Verantwortungsbereich selbst übernommen. So musste nicht nur U-Plus-Vorsitzender Wolfgang Eckert seinen Hut nehmen. Auch Th. Hartkopf (59), Technikvorsitzender der EnBW Energie Baden-Württemberg AG, musste seinen Schreibtisch räumen, in offizieller Lesart hat Hartkopf "auf eigenen Wunsch und im guten Einvernehmen das Unternehmen mit Ablauf des 8. Februar 2007 aus persönlichen Gründen verlassen".
Die einzelnen Verantwortungsbereiche des Technikressorts wurden bis zur Benennung eines Nachfolgers von Hartkopf innerhalb des EnBW-Vorstands aufgeteilt. Dabei wird Vorstandsvorsitzender Claassen auch die konzernseitige Verantwortung für die zur EnBW gehörende U-Plus Gruppe übernehmen. Die Abarbeitung der MBA-Themen wird so von Claassen zur Chefsache erklärt.


Und die Heilbronner Stimme vom 20. Februar 2007 (Dieke-Äußerung ganz unten):
http://stimme.de/nachrichten/hohenlohekreis/art1919,954574.html?fCMS=b2914cdc8a10de45bc92d859d5e84c88

"Keiner bleibt auf dem Müll sitzen
Von Barbara Griesinger
Der Abfall geht auf Reisen - Vorbehandlung wird komplett eingestellt
Es ist interessant für uns, betrifft uns aber nicht, kommentiert die Geschäftsführerin der Abfallwirtschaft Hohenlohekreis, Silvia Fritsch-Baur, dass nun auch die Mechanisch-biologische Anlage (MBA) zur Müllvorbehandlung in Buchen komplett still gelegt wird. Sie teilt das Schicksal der Heilbronner Anlage, in der zum Teil noch der Hohenloher Müll vor der Deponierung behandelt wird.

In der Tat hat das Aus für beide Anlagen keine Auswirkung auf die Hohenloher Mülltonnen. Sie werden geleert, wie es im Vertrag steht, und die EnBW als Betreiberin der Anlagen muss sich um eine anderweitige Entsorgung des Mülls kümmern.

„Es wird niemand auf dem Müll sitzen bleiben, betont deshalb auch Raphael Dieke aus der Presseabteilung der EnBW-Tochter U-plus und erklärt auch, was mit dem Müll aus Hohenlohe passiert: „Zurzeit geht er nach Stuttgart-Münster in die Verbrennungsanlage der EnBW. Das ist der Müllanteil, der in der Heilbronner MBA nicht mehr vorbehandelt werden kann, weil die Müllvolumen bereits auf 50 Prozent reduziert sind. Bis zur Schließung der Anlage wird ein Entsorgungskonzept erarbeitet.

Nicht so einfach fällt U-Plus die Erklärung, warum die beiden MBA stillgelegt werden. Denn die Idee, die der mechanisch-biologischen Vorbehandlung zu Grunde liegt, scheint plausibel: Aus dem Hausmüll wird der biologisch abbaubare Anteil mechanisch herausgelöst. Das geschieht in waschmaschinenartigen Perkollatoren. Anschließend werden die Bio-Anteile des Mülls bakteriell abgebaut. Die Energie, die dabei gewonnen wird, wird für den Betrieb der Anlage verwendet, die damit zum energetischen Selbstversorger wird.

Obwohl der Probebetrieb nach Auskunft von U-Plus sowohl in Heilbronn als auch in Buchen funktioniert hat, lief der reguläre Betrieb nicht rund. Auch nachbarschaftliche Klagen über Geruchsbelästigung rissen nicht ab. Das abschließende Urteil der Betreiberin U-Plus lautete schließlich: „Eine wirtschaftlich tragbare Sanierung der Anlagen ist nicht möglich.
Die Diskussion über die zugrunde liegende Technologie ist zwar laut Dieke noch nicht abgehakt, brauche aber wohl wieder eine ganze Menge Lobbyarbeit und auch noch weitere Entwicklungsarbeit. Schließlich läuft die Mehrzahl der MBA nicht rund.


Im Vergleich zur MBA Buchen erscheint die MBA Asslar wie ein Erholungsheim mit Dusche. Routiniert rückte die Freiwillige Feuerwehr Bechlingen auch im Januar aus und löschte:
http://www.feuerwehr-bechlingen.de/html/2007.html

"28.01.2007, 23:20
Brand Trockenstabilatanlage Firma Herhof
29.01.2007, 09.20
Brandmeldeanlage Trockenstabilatanlage"

lautet der Eintrag auf der Feuerwehrseite. Nein, liebe Leser, Sie brauchen nicht auf dem Kalender nachzuschauen. Natürlich war es am Wochenende, wie fast immer. Es war Sonntag Nacht. Gremlins-Zeit.


Nachdenkliche Grüße vom
Autorenkollektiv Abfallwirtschaft-Kritik

P.S. Kleinlaut müssen wir eingestehen, dass wir mit der Behandlung weiterer brisanter Themen aus der Abfallwirtschaft im Moment nicht vorankommen. Zeitmangel. Außerdem ersehen wir aus den Zuschriften der Leser, dass das Interesse an der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung überwiegt. Mehrfache Zustimmung erfahren wir dafür, dass wir kein Blatt vor den Mund nehmen. Bitte schicken Sie uns weiterhin Ihre Kommentare, Anregungen, Kritik und wenn es denn sein muss auch Beschimpfungen. Die Mail-Adresse steht ganz unten auf der Seite.