Abfallwirtschaftkritik

Das Anliegen der Autoren ist es, die Berichterstattung zur Abfallwirtschaft zu ergänzen und auch zur Aufklärung dubioser Geschäfte beizutragen, die der deutschen Wirtschaft Schaden zufügen. Wir konzentrieren uns vorerst auf die mechanisch-biologische Abfallbehandlung - MBA.

Donnerstag, 2. August 2007

Geld aus Beirut für Müllofen in Sachsen

Geld aus Beirut für Müllofen in Sachsen
Chemnitzer Grüne kritisieren Müllbrände
EnBW will MBA-Buchen-Müll „einbetten"
Staatsanwalt in brandenburgischer Kiesgrube
Ist Müll aus MBA Schwanebeck zu feucht ?
„Kompetenzteam AMB-Haase“ baut Deiderode wieder auf
Lübeck hat „Faxen dicke“ wegen Haase-MBA
Kreis Fulda bekommt Herhof-Pleite-Bürgschaft
Osnabrücker Awigo berechnet zuviel



Möglichst unauffällig versucht die britische Investorengruppe Intercontinental Utilities Group (IUG) in Sachsen ein Grundstück für den Bau eines Ersatzbrennstoff-Kraftwerks (EBS) zu akquirieren. Es soll eine Jahreskapazität von 200.000 t erreichen. Die Kommunalpolitiker in Reichenbach (Südwesten von Sachsen) und Rothenburg (Nordosten von Sachsen) sind jedoch misstrauisch geworden. Die Heimlichtuerei ist ihnen nicht geheuer (s.u. Quellen).

Grund genug, sich IUG näher anzuschauen. Die Intercontinental Utilities Group PLC bezeichnet sich selbst als „international business development groupg (internationale Geschäftsentwicklungs-Gruppe) und hat ihren Hauptsitz im britischen Manchester sowie Niederlassungen in Jordanien, Deutschland und Bulgarien. Die deutsche Zentrale befindet sich in Boizenburg bei Hamburg. Das „Rothenburg & Vogtland Officeg residiert in Berlin. Elektronisch ist es über die Email-Adresse r_reble@gmx.de
zu erreichen. gmx ist ein kostenloser Provider, der gern von jungen Unternehmen genutzt wird, in denen das Geld knapp ist.

IUG gibt auf ihrer in bestem Deutsch verfassten Internetseite
www.iugplc.co.uk/de
bekannt, dass sie in der Lage sei, Hausmüll und EBS sauber zu verbrennen. Dabei kooperiere sie mit der Jordan International Bank PLC (JIB) in London, so der geschäftsführende Direktor David H.G. Tristram. Die Bank fungiert nach eigenen Angaben seit Juni 2006 für IUG als Fremkapitalberater. Sie gehört der Regierung von Jordanien sowie neun jordanischen Handels- und Investitionsbanken.
www.jordanbank.co.uk

Die Anteilseigner heißen:

Government of the Hashemite Kingdom of Jordan (15 %)
The Housing Bank for Trade and Finance, Amman (22,1 %)
www.the-housingbank.com
Jordan National Bank, Amman (18,9 %)
www.ahli.com
Bank of Jordan, Amman (7,8 %)
www.bankofjordan.com.jo
Jordan Kuwait Bank, Amman, (7,4 %)
www.jordan-kuwait-bank.com
Cairo Amman Bank, Amman (6,7 %)
www.ca-bank.com.jo
Jordan Commercial Bank, Amman (6,7 %)
www.jcbank.com.jo
Arab Jordan Investment Bank, Amman (5,2 %)
www.ajib.com
Jordan Investment and Finance Bank, Amman (5,1 %)
www.jifbank.com
Arab Banking Corporation – Jordan, Amman (5,0 %)
www.arabbanking.com.jo


Die JIB unterhalte enge Beziehungen zur Boghossian Industrial & Investment Group SAL (BIG Group, Beirut / Libanon). Dieser Großkunde der Bank habe beträchtliche Mittel bereit gestellt und spiele eine herausragende Rolle in neun Projekt-gebundenen Tochterunternehmen der IUG. BIG hat auf seiner Internetpräsenz denn auch IUG Bulgarien und IUG Boizenburg bei Hamburg als eigene Unternehmen aufgeführt.
www.bigengineering.com/group/companies.php

BIG ist nach eigenen Angaben eine Investmentgruppe und hat weitere Unternehmen(sbeteiligungen) in Amman / Jordanien, Irak, Russland, Somalia, Limassol / Zypern, Vietnam, Parma / Italien, USA und Deutschland. Die Referenzliste der abgeschlossenen Projekte (1998 – 2006) umfasst 89 Aktivitäten im Irak und ein Projekt in Kuwait. Aktuell umfasst die Projektliste 23 Aktivitäten, allesamt im Irak. Sachsen ist noch nicht aufgeführt.

Der Schwerpunkt der Projekte von BIG scheint also im Irak zu liegen, einem Land, das seit einigen Jahren am Subventionstropf der USA hängt. Es darf unterstellt werden, dass BIG mittels amerikanischer Steuergelder reich geworden ist. Aus ihnen werden nun IUG-Projekte finanziert, möglicherweise auch bald in Sachsen.

IUG gibt in einem Kurzportrait bekannt, dass es u.a. im Irak, Zypern, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und in Afrika tätig war. Seit 1999 ist IUG eine Aktiengesellschaft. Der Vorstand:
Philip Smith - Erfahrungen in Pakistan, Portugal, USA, Großbritannien
David Tristram - Erfahrungen in Nahost u.a. Qatar und VAE, Zypern, Afrika, Großbritannien, USA
John Anderson - Erfahrungen in Golfstaaten und Europa, Büro in Boizenburg bei Hamburg
Barrie Robinson – Erfahrungen in USA, Großbritannien
Eric Bonney – Erfahrungen in Deutschland, Großbritannien
Max Sadik – Erfahrungen in Ägypten, Qatar, VAE, Bulgarien, Frankreich, Großbritannien
Musbah H. Habboub – Erfahrungen in Jordanien, Qatar, Bahrein, Belgien, Frankreich, USA
René Reblé – General Manager Deutschland, Büro in Berlin


Einige Geschäfts-, Kooperationspartner von IUG:
Elbe Maschinenbau GmbH & Co. KG, Kraftwerksbauer in Hamburg. Referenzprojekte und aktuelle Projekte in Algerien, Bulgarien, Irak, Tschad und Deutschland. Außerdem Geschäfte mit Afganistan, Iran, Syrien, Libanon, Jemen, VAE, Gambia, Sudan und Senegal. Die Niederlassungen in Großbritannien und Bulgarien firmieren unter IUG-Adressen.
www.elbepowerplants.de
Stute Verkehrs-GmbH, Transportunternehmen in Bremen
www.stute.de
Peter Brotherhood Ltd, Kraftwerksausrüster, Dampfturbinen, Gaskompressoren, Großbritannien
www.peterbrotherhood.co.uk
Babcock & Wilcox Vølund A/S, Kraftwerke, Müllverbrennung, Dänemark
www.volund.dk
G.E.O.S. Freiberg Ingenieurgesellschaft mbH, Geotechnik, Deponieplanung, Freiberg / Sachsen
www.geosfreiberg.de
Es ist zu verständlich, dass Investoren und Anlagenbauer in Regionen der Welt, die nicht gerade als Hort von Sicherheit und Stabilität gelten, aktiv werden. Schließlich lässt sich dort einiges an Risikozuschlägen einnehmen, die allerdings durch die üblichen Schmiergelder geschmälert werden. High risk, big profit.
Doch wie sind diese tüchtigen Geschäftsleute gerade auf Sachsen gekommen? Was lockt arabisches Kaptital, dass sich eher in Kriegs- und Krisenregionen wohlfühlt, in den friedlichen Freistaat? Wissen die Araber etwas über Sachsen, was wir nicht wissen?


Das mit dem Risiko in Sachsen könnte eventuell zutreffen. Der Müll brennt öfters ohne technische Hilfsmittel. Zu häufig, kritisieren die Chemnitzer Grünen anlässlich eines Großbrandes am 23. Juli in ihrer Pressemitteilung.
www.gruene-chemnitz.de/content/view/530/43/
Sie listen darin zehn Müllfeuer in Sachsen und im übrigen Bundesgebiet auf. Die Menge fehlt natürlich in den Verwertungsanlagen. Doch wo bleibt dann der Profit?



Im Neckar-Odenwald-Kreis wird eine ganz besondere Form der Müllbeseitigung praktiziert. Der Müll wird mit Worten vernichtet. Die EnBW ist dabei, die stinkende MBA Sansenhecken bei Buchen zu leeren, bis Jahresende besenrein, so hört man. Auf die Frage, was denn mit den verbleibenden 70.000 t „Geostabilat" geschehen solle, habe ein EnBW-Sprecher geantwortet, dass ein großer Teil des Mülls deponiefähig sei. „Ein Teil davon werde nachgearbeitet und eingebettet", zitiert die Rhein-Neckar-Zeitung den Sprecher (s. Quellen).

So problembewusst, wie wir die EnBW bisher kennengelernt haben, heißt das: Ein bisschen liegenlassen, hin und her schaufeln und dann mit kreativen Worten als ablagerungsfähig umdeklarieren.
http://www.rnz.de/zusammen13/00_20070714080700_EnBW_wird_die_Gebaeude_besenrein_uebergeben.html
http://www.rnz.de/zusammen13/00_20070630083900_Letzter_Abfall_Laster_brachte_gestern_Fracht_zur.html


Wie das mit dem „Einbetten" von Müll funktioniert, kann sich EnBW ggf. von der brandenburgischen SQR Sand Quarz Recycling GmbH in Jüterbog erklären lassen. Falls SQR einsilbig reagiert, lässt sich das Prozedere sicher bald bei der Staatsanwaltschaft Potsdam nachlesen, die wegen etwa 100.000 t illegalem Müll in der SQR-Kiesgrube Markendorf ermittelt.
www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10979463/62249/
www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10978233/62249/
http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10978167/61939/



Und noch einmal Brandenburg: In Vorketzin gibt es Geruchsprobleme, möglicherweise durch den aus der Rotte-MBA Schwanebeck angelieferten, mechanisch und biologisch vorbehandelten Hausmüll. Jährlich soll es sich um 40.000 t handeln. Beim Schwanebecker MBA-Betreiber und -eigentümer Abfallbehandlungsgesellschaft Havelland mbH (abh) will man nicht schuld sein, aber dennoch nachbessern. "Wir konnten diesen Gestank nicht feststellen. Trotzdem wurde vor etwa 14 Tagen veranlasst, die Feuchtigkeit im Abfall noch weiter zu verringern, um eine Geruchsbelästigung weitestgehend auszuschließen", zitiert die Märkische Allgemeine den abh-Geschäftsführer Dr. Matthias Kleinke.
http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10973012/61759/

Anlagenhersteller der MBA Schwanebeck ist AMB in Oschersleben.
www.amb-group.de



AMB ist ein Stehaufmännchen. Die von AMB maschinentechnisch ausgerüstete und im Januar 2006 schwer havarierte Vergärungs-MBA Südniedersachsen in Deiderode bei Göttingen will man zusammen mit Haase aus Neumünster wieder aufbauen und bis Februar 2008 in Betrieb nehmen. AMB spricht dabei von dem „Kompetenzteam AMB Vertriebs GmbH und HAASE Anlagenbau AG Projects & Co. KG“. Man vertraue „auf das Know-how der HAASE MBA-Spezialisten, die auch die MBA Lübeck-Niemark gebaut haben. ... Der verfahrenstechnische Aufbau der Biologie ist analog zur MBA Lübeck geplant. Das dortige Verfahren der Nassvergärung und Nassoxidation hat sich im Hinblick auf die Erfüllung der Ablagerungsverordnung bewährt. Die konkreten Ergebnisse und Erfahrungen aus dem Betrieb der MBA Lübeck können jetzt in Göttingen im Sinne einer sicheren, nachhaltigen und wirtschaftlichen Lösung umgesetzt werden.“

Ziemlich vollmundig und etwas auf die Gärreste gehauen, meinen wir (Begründung auch weiter unten).

Für Haase beträgt das Auftragsvolumen laut dem Holsteinischen Kurier rund zehn Millionen Euro, knapp so viel wie der Gesamtschaden Anfang 2006. Laut der Hessischen / Niedersächsischen Allgemeinen soll der Wiederaufbau noch im August 2007 beginnen. Statt verschraubter Stahlplatten werden für die Fermenter nun verschweißte eingesetzt. Statt drei Gärtürmen wird es nur zwei geben, dafür mit etwas größerem Durchmesser und etwas kleinerem Gesamtvolumen. Die für die Havarie gezahlte Versicherungssumme soll für den Bau knapp ausreichen.

http://www.amb-group.de/frameset/aktuelles/aktuelles.htm
http://www.haase-energietechnik.de/de/News/
http://www.shz.de/?RUBRIKID=299&MID=30&REDID=1390653&REFMODUL=25&WEBSESSION=f30b2e1411aa22ac44d194467a601513
http://www.hna.de/alfalineticker/00_20070726194419_Gruenes_Licht_fuer_Wiederaufbau.html
www.hna.de/niedersachsenstart/00_20070726194419_Gruenes_Licht_fuer_Wiederaufbau.html


In Lübeck ist man mit der Kompetenz des MBA-Errichters Haase überhaupt nicht zufrieden. Zwei Jahre lang habe sich der Werksausschuss der Entsorgungsbetriebe (EBL) die Sache mit der MBA Niemark angeschaut. Jetzt sei die Geduld am Ende, berichten die Kieler Nachrichten. Der SPD-Fraktionschef Peter Reinhardt hat „die Faxen dicke“ und spricht von einem „organisierten Chaos“. "Ich erwarte, dass jetzt Nägel mit Köpfen gemacht werden". Was die Politiker nervt: Seit zwei Jahren befinde sich die Anlage immer in irgendwelchen Probephasen. In zwei Jahren seien etliche Pannen passiert - Ausschreibungen, die korrigiert werden mussten, Fehler beim Befüllen der Anlage. Dann erfüllte die MBA über Monate nicht die Werte der Abfallverordnung. Das, was hinten rauskam, durfte nicht in der Deponie vergraben werden. Seitdem operieren die EBL mit Zwischenlagern, deren Betrieb man sich bei den zuständigen Landesbehörden immer wieder verlängern lässt. Haase und EBL streiten derzeit über den Kauf eines Sternsiebs, das Plastikschnipsel sowie Magnetbänder herausfiltert und 250 000 Euro kostet. So lange werde laut EBL die Leistungsphase nicht angefahren. In dieser muss die MBA über mehrere Wochen beweisen, dass sie unter Volllast die richtigen Ergebnisse produziert. Ohne Volllast keine Abnahme, bestätigt Haase. 145 000 Tonnen im Jahr schaffe die MBA. Diese Mengen lägen in Lübeck nicht vor. Die Faxen dicke hatte wohl auch der technische Leiter der MBA, Andreas Seeger. Er hat gekündigt. Ein Haase-Sprecher: "Die Anlage gehört zur Spitzenklasse, aber in Lübeck herrscht Personalchaos." Noch nie hätte die EBL die nötige Mannschaftsstärke gestellt. Stattdessen hätten Haase-Techniker die Bagger bedient. Dafür hat Haase den EBL eine Rechnung über mehrere 100 000 Euro geschrieben. Haase hat wohl auch die Faxen dicke mit dem Auftraggeber und will die Anlage der Stadt abkaufen. 32 Millionen Euro soll sie gekostet haben. Wieviel Haase für die Unvollendete bietet ist unbekannt.

http://www.kn-online.de/news/regional/luebeck.htm/2185941



Lang erhoffter Geldsegen regnet auf den Landkreis Fulda herab. Durch die Herhof-Pleite und die nicht gebaute MBA Mecklar erhält er 750.000 Euro aus einer Bürgschaft, die Eon für den Fall eines Konkurses von Herhof hinterlegt hat. Herhof Umwelttechnik sollte den Müll der Landkreise Kassel, Hersfeld-Rotenburg und Kassel entsorgen. Doch bevor es dazu kam, musste die Firma im Jahr 2005 Insolvenz anmelden. Daraufhin wurde die Bürgschaft fällig und werde jetzt unter den Partnern aufgeteilt, berichtet die Fuldaer Zeitung.

http://www.fuldaerzeitung.de/sixcms/detail.php?id=186118


Der Landkreis Osnabrück hat mit seinen Abfallgebührenbescheiden erneut eine Bauchlandung gemacht, schreibt die Neue Osnabrücker Zeitung. Das Verwaltungsgericht Osnabrück gebe zum zweiten Mal einer Klage eines Bürgers statt und hob dessen Bescheid wegen Fehlern in der Kalkulation auf. Ende 2005 hatte das Verwaltungsgericht Osnabrück schon einmal die Abfallgebührenbescheide des Landkreises Osnabrück für rechtswidrig erklärt. Damals war unter anderem moniert worden, dass eine angesparte Rücklage von bis zu 4,7 Millionen Euro für Risiken, die sich aus der Herhof-Insolvenz ergeben könnten, so nicht zulässig sei.

Unser Eindruck: Der kommunale Entsorger Awigo in Osnabrück scheint immer noch etwas zittrig zu sein.

http://www.neue-oz.de/information/noz_print/osnabruecker_land/17158950.html?SID=a5ed0e353803672ab3424ad99cf0c1f1


Quellen:

Freie Presse, 12. Juli 2007
Müll-Kraftwerk im Vogtland: Was weiß das Landratsamt?
Britische Investoren prüfen Standorte und bilden "Rothenburg & Vogtland Office" - Abfuhr für Unternehmensgruppe IUG in Niesky
Von Ulrich Riedel
Reichenbach. Die britische Investorengruppe Intercontinental Utilities Group (IUG) hält ungeachtet eines im Herbst 2006 geplatzten Flächenkaufes in Reichenbach an ihren Plänen fest, im Vogtland ein mit so genannten Ersatzbrennstoffen (vorbehandeltem Müll) betriebenes Kraftwerk zu errichten. Die Internet-Seite der Firma weist unter den Kontaktadressen ein "Rothenburg & Vogtland Office" in Berlin-Marzahn aus. Von dort aus leitet Generalbevollmächtigter René Reblé die Planung und Koordinierung der Projekte in Deutschland."Wenn es soweit ist, werden wir informieren", erklärte Reblé gestern auf Anfrage. Er wollte zunächst keine Details nennen, sprach dann aber von "mehreren Standorten", die seine Firma im Vogtland prüfe. Am Ende des Verfahrens werde man sich auf einen oder zwei festlegen.Landrat Tassilo Lenk (CDU) und Wirtschaftsförderer Lars Beck waren Fürsprecher des Verkaufs einer Fläche bei Reichenbach an die IUG. Als die Geheim-Pläne für das Müll-Kraftwerk jedoch kurz vor der entscheidenden Kreistagssitzung im September 2006 aufflogen, kippte die öffentliche Meinung und stoppte der Kreistag den Deal - zumindest vorerst.Wenige Monate später, am27. Februar 2006, äußerte Wirtschaftsdezernent Lars Beck, mit dem Kreis gebe es in Sachen IUG "keine Verhandlungen". Er räumte aber ein: "Es ist bekannt, dass mit privaten Dritten im Vogtland Kontakt gesucht wird." Drei Wochen später wich Landrat Tassilo Lenk erneuten Anfragen aus, ob und - falls ja - welche Erkenntnisse im Landratsamt zu den IUG-Plänen vorliegen. "Im Rahmen der kreislichen Zuständigkeiten haben wir keine Kenntnis", sagte Lenk. Weder Firmen, noch Kommunen seien aber verpflichtet, den Landkreis über ihre Absichten zu informieren.Klar positioniert hat sich indes das Landratsamt im Niederschlesischen Oberlausitzkreis. Die dortige Kreisbehörde stoppte den Verkauf einer Fläche durch die Stadt Rothenburg an die IUG und warf dem Bürgermeister vor, er habe die Angelegenheit von großer Tragweite ohne ausreichende Öffentlichkeit durchsetzen wollen. Die Stadträte sollten dort per Tischvorlage über einen Flächenverkauf abstimmen. Das dort geplante Müllkraftwerk soll 200.000 Tonnen Jahreskapazität erreichen.In einem vertraulichen Schreiben, das der "Freien Presse" vorliegt, listet die Kommunalaufsicht Niesky Ungereimtheiten auf. Informationen einer Wirtschaftsauskunftei "werfen die berechtigte Frage auf, ob der Investor finanziell überhaupt in der Lage ist, sein Vorhaben zu realisieren", heißt es darin. Aussagen zu einer Investitionsverpflichtung fehlten. Im Kaufvertrag tauche ein Käufer auf, dessen Stellung zur IUG nicht erkennbar sei. Und: Der Vertragsunterzeichner sei weder an seinem angeblichen Wohnort gemeldet, noch dessen Firma dort bekannt.
Wirtschaftsförderer Lars Beck in der Kreistagssitzung im September '06. Was weiß er von den IUG-Plänen?
Landrat Tassilo Lenk hat "im Rahmen seiner Zuständigkeit" keine Kenntnis. Franko Martin



Rhein-Neckar-Zeitung, 14. Juli 2007

EnBW wird die Gebäude besenrein übergeben
(K). Die Bürger der Stadt Buchen können buchstäblich aufatmen. Bis zum Ende dieses Jahres wird die gesamte Mechanisch-Biologische Abfallbehandlung (ISKA-Anlage) in den Sansenhecken durch die EnBW abgebaut sein, wodurch dann auch die Gestanksbelästigung gestoppt und die Lebensqualität für die Einwohner wieder hergestellt wird. Diese Aussage machte der Sprecher der EnBW, H. Haberzettel, anlässlich des Bürgerinformationsabends, den die "Bürgerinitiative gegen Müllgestank" am Donnerstagabend im Wimpinahaus veranstaltete. Doch offen blieb an diesem Abend die Frage, was mit der Anlage und den Gebäuden nach deren Schließung geschieht, hatten doch die meisten der Besucher hierauf eine Antwort erwartet.
Von der Bürgerinitiative rief Ulla Schmidt-Köcher die einzelnen Schritte in Erinnerung, die man seit Sommer 2005 unternommen habe, um der Geruchsbelästigung in Buchen entgegenzuwirken. Dabei habe man als Ziel im Auge gehabt, mit der Stadt Buchen und dem Betreiber der Anlage einen Konsens zu bilden, nicht jedoch deren Stilllegung gefordert. Denn schließlich stelle sich die Frage, was geschieht mit der Anlage, wenn sie heruntergefahren werde, man wolle doch nicht "vom Regen in die Traufe" kommen. Heute seien noch drei Fragen offen. Zunächst wolle man wissen, was mit den 70 000 Tonnen Geostabilat auf den Sansenhecken geschehe, wobei sie vergeblich versucht habe, herauszufinden was "Geostabilat" eigentlich sei. Dann müsse geklärt werden, was nach der EnBW komme. Und schließlich müsse zum Thema "Müllumschlagstation Sansenhecken" dargelegt werden, wie die Logistik aussehen werde und wie vermieden werden könne, dass es stinke.
Gestern teilte die Bürgerinitiative als Fazit der Veranstaltung mit, die zukünftige Nutzung als Biogasanlage sei die einzige Perspektive gewesen, die den Bürgern vorgestelllt wurde. Ob noch andere Projekte denkbar wären, sei trotz intensivem Hinterfragen nicht deutlich geworden. "Klar wurde aber, dass wohl Differenzen zwischen EnBW und AWN über vertragliche Konstrukte den Planungsprozess blockieren", hieß es.
Der EnBW-Vertreter Haberzettel betonte, man bedauere die Geruchsbelästigung. Man habe in den letzten Monaten seitens der EnBW alles versucht, Abhilfe zu schaffen. Inzwischen sei die EnBW dabei, die Anlage komplett zu leeren, und bis Ende des Jahres sei sie besengereinigt und man werde den Standort aufgeben.
Auf die Frage "Was ist Geostabilat und was geschieht damit?", antwortete Haberzettel, das ein großer Teil dieses Mülls deponiefähig sei. Ein Teil davon werde nachgearbeitet und eingebettet. Mit diesem Problem habe man das Regierungspräsidium konfrontiert, und diese Behörde werde die Entscheidung treffen, der man nicht vorgreifen wolle. H. Hohmann, Geschäftsführer der EnBW, ergänzte, dass man derzeit dabei sei, in Heilbronn die Müllanlage abzubauen und still zu legen, dort laufe alles reibungslos und die entsprechenden Erfahrungen, die man hierbei sammele, werde man auch beim Abbau der Müllanlage auf Sansenhecken einbringen.
Für die Stadt Buchen betonte Beigeordneter Dr. Wolfgang Hauck, dass die Stadt die Belange ihrer Bürger stets ernst genommen habe. So haben der Gemeinderat und die Gemeindeverwaltung zu diesem Thema ausführlich Stellung genommen. Nun erwarte man, dass die Aktion geräuschlos und geruchlos über die Bühne gehe. Enttäuscht sei man, dass die Deponie so hoch gepriesen worden sei. Einer stinkenden Anlage habe niemand zugestimmt. Nun hoffe man, dass für das Entsorgungs-Zentrum "ZEUS" doch noch eine Zukunft besteht. Die Stadt Buchen habe diesbezüglich jedoch noch keine Planung, wie es weiter gehen werde.
Dr. Ginter, Geschäftsführer der AWN des Kreises, legte zunächst dar, dass der Landkreis zu 100 Prozent die Mülldeponie betreibe. Mit dem Partner EnBW habe man zunächst versucht, mit dieser Einrichtung etwas Zukunftsfähiges zu machen und ein Konzept entwickelt, das den Standort sichern sollte. Nun sei das wichtigste Thema, wie der "Geostabilat- Müll" zwischengelagert werde. Zusammen mit der EnBW habe man dem Regierungspräsidium ein Konzept zur Lösung des Problems vorgelegt. Doch die Analyse aus der Behörde brauche noch etwas Zeit. Auch sei zu prüfen, was mit der Anlage nach deren Schließung passiere. Darüber könne man noch keine konkreten Angaben machen. Die Gebäude werde der Landkreis komplett übernehmen.
Bei der recht sachlichen Diskussion, betonte H. Haberzettel nochmals, dass die EnBW die nun eingetretene Entwicklung nicht gewollt habe. Landrat Dr. Achim Brötel sagte auf eine Anfrage, dass es für eine Erhöhung der derzeitigen Müllgebühren keine Anzeichen gebe.
"Warum hat die Müllanlage nicht funktioniert? Wissenschaftlicher müssten doch diese Voraussetzungen in den Griff bekommen!", so eine Zuhörerfrage. Hierzu führte Haberzettel aus, dass ein Gutachter dargelegt habe, man hätte Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe für eine Verbesserung der Anlage tätigen müssen. Doch eine Garantie, dass diese dann nicht mehr stinke, habe er auch nicht geben können. So habe man sich entschlossen, die Anlage abzubauen.
Inzwischen würden mit dem Landkreis Verhandlungen darüber laufen, wie es auf den Sansenhecken weitergehen werde. Doch darüber wolle und könne er nichts sagen.
Für alle Angestellten sei gewährleistet, dass sie bei den EnBW weiter beschäftigt würden, wenn sie dies wünschten. Eine gewisse Flexibilität sei jedoch gefordert.



Märkische Allgemeine, 12. Juli 2007

"Es stinkt nicht in Vorketzin"
Deponiebetreiber Meab weist Vorwürfe einzelner Anwohner zurück
JENS WEGENER KETZIN Eine Mülldeponie sei zwar kein duftender Garten, aber von übermäßiger Geruchsbelästigung könne keine Rede sein. "Es stinkt nicht in Vorketzin", sagte Meab-Geschäftsführer Dirk-Uwe Michaelis während einer Rundfahrt über das Gelände am Dienstagnachmittag. Verärgert ist er über die seit Jahresbeginn auftretenden Beschwerden "einiger, weniger Anwohner des Bruchweges und des Schwarzen Weges in Ketzin". Diese angeblich unerträglichen Gerüche aus Richtung Vorketzin sind dem Deponiebetreiber Märkische Entsorgungsanlagen-Betriebsgesellschaft mbH (Meab) ein Rätsel. Sicher ist nur, so Michaelis, dass es nicht um die mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlage (MBA) gehe. "Ich glaube, diese Anwohner wollen einfach den Standort der Deponie Vorketzin nicht akzeptieren."Ketzins Bürgermeister Bernd Lück glaubt, einen Grund für die vermehrten Beschwerden zu kennen: "Immer mehr Alteigentümer bekommen ihre Grundstücke im Brückenkopf zurück. Die wissen nichts über die Mülldeponie und fühlen sich erstmal bedroht." Dafür sprechen auch die bei der Meab eingegangenen Proteste wegen des Lärms. "Wir haben einige Lüfter der MBA gewechselt und ein klapperndes Teil an einer Raupe ausgewechselt", erklärte Michaelis. "Aber wenn sich jemand über Krach zwischen 24 und 2 Uhr beklagt, können nicht wir den verursachen, denn um 22 Uhr ist auf der Deponie Ruhe." Die Müll-Lkw fahren wochentags nur bis 19.30 Uhr. Und an Wochenenden werde gar nicht gearbeitet. Was die Gerüche angehe, so der Meab-Chef, habe man in den vergangenen Wochen nochmal mit der Abfallbehandlungsgesellschaft Havelland gesprochen, die jährlich 40 000 Tonnen mechanisch und biologisch vorbehandelten Hausmüll von Schwanebeck nach Vorketzin schickt. Der dortige Geschäftsführer Matthias Kleinke sagte gestern gegenüber der MAZ: "Wir konnten diesen Gestank nicht feststellen. Trotzdem wurde vor etwa 14 Tagen veranlasst, die Feuchtigkeit im Abfall noch weiter zu verringern, um eine Geruchsbelästigung weitestgehend auszuschließen."


Holsteinischer Kurier, 27. Juli 2007
MBA zerstört: Hilfe aus Neumünster
Neumünster - Die Haase Energietechnik AG an der Gadelander Straße hat einen spektakulären Großauftrag an Land gezogen. Der Spezialist für Umwelttechnik wird in den kommenden Monaten die biologische Fermentierungsanlage der MBA Südniedersachsen bei Göttingen-Deiderode wieder aufbauen, die vor anderthalb Jahren bei einem schweren Unfall zerstört wurde. Ein entsprechender Vertrag mit einem Auftragsvolumen von rund zehn Millionen Euro ist Unternehmensangaben zufolge am Mittwoch unterzeichnet worden.Der Großauftrag leiste einen "wesentlichen Beitrag" zur mittelfristigen Auslastung des Unternehmens, unterstrich gestern Rolf Sieksmeyer, Leiter MBA-Technik bei Haase. Kämen jetzt weitere Aufträge herein, werde man über eine Aufstockung des Personals nachdenken müssen, sagte Sieksmeyer. Noch in dieser Woche will das Unternehmen zehn Mitarbeiter nach Südniedersachsen entsenden, die auf der Baustelle die Fundament-Arbeiten vorbereiten sollen. Bis zum kommenden Februar sollen drei 20 Meter hohe Fermentierungstanks von je 5000 Kubikmeter Fassungsvermögen inklusive Belüftungsanlagen und Fermentierungstechnik aufgebaut und installiert werden. Die Übergabe der Anlage ist für September 2008 vorgesehen. In den Göttinger Fermentierungstanks wird vorsortierter Müll mit Wasser versetzt und unter Luftabschluss vergoren. Das aufgefangene Methan wird zur Stromerzeugung in einem Blockheizkraftwerk genutzt. Dessen Abwärme heizt wiederum die Fermentierer. Die erste Göttinger Anlage war von einem anderen Erbauer erstellt worden. Im Januar 2006 war sie noch in der Erprobungsphase spektakulär kollabiert. Aus bis heute ungeklärter Ursache war einer der 20 Meter hohen Stahltürme geborsten. 7000 Kubikmeter stinkende Fermentbrühe hatten sich einen Abhang hinab ergossen. Trümmer und Fluten rissen auch den zweiten Stahlturm um; der noch unbefüllte dritte Tank wurde schwer beschädigt und später abgerissen. Ein Wachmann (45), der sich auf dem Gelände aufgehalten hatte, überlebte nur, weil der stehen gebliebene Tank seinen Wohncontainer vor den Fluten abschirmte. Das Unglück richtete einen Gesamtschaden von 10,6 Millionen Euro an. Die Unfallursache ist bis heute ungeklärt. Seit das Landgericht Göttingen das Beweissicherungsverfahren kürzlich eingestellt hat, ist der Weg für einen Neuaufbau des biologischen Anlagenteils frei. Rolf Sieksmeyer betonte gestern, dass die neu zu erstellenden Fermentierungstanks mit den geborstenen Tanks nur wenig gemein hätten. Die neuen Behälter seien konstruktionsbedingt wesentlich druckstabiler, sagte Sieksmeyer: "Wir produzieren wie im Schiffbau." Die Technik zur Fermentierung habe sich in zwölf Jahren Praxis bewährt.Bei der MBA in Wittorferfeld wird sie nicht eingesetzt. Auf der Deponie gebe es keine Fermentiertürme oder -behälter, sagte MBA-Chef Norbert Bruhn-Lobin gestern auf Courier-Anfrage. Statt auf Fermentierung setze die MBA Wittorferfeld auf Kompostierung, also die Verrottung des Mülls unter ständiger Belüftung.


Hessische / Niedersächsische Allgemeine, 26. Juli 2007
Grünes Licht für Wiederaufbau
Im August soll Neubau des zerstörten Teils der MBA beginnen - Die Unglücksursache bleibt offen
DEIDERODE. Der Wiederaufbau des biologischen Teils der Mechanisch-Biologische Abfallbehandlungsanlage (MBA) in Deiderode soll noch im August beginnen. Das hat der Geschäftsführer des Abfallzweckverbandes Südniedersachsen, Michael Rakete, gestern auf Anfrage angekündigt. Zunächst sind Erdarbeiten für die Errichtung der neuen Gärtürme (Fermenter) notwendig.
Bis Ende des Jahres wollen wir die Türme stehen haben", sagte er. Die Wiederinbetriebnahme der im Januar vergangenen Jahres durch einen Unfall zerstörten Anlage soll im März, April 2008 sein. Mit dem Umweltministerium in Hannover liefen bereits Gespräche, die Ende des Jahres auslaufende Genehmigung für die Zwischenlagerung des biologischen Teils des Abfalls bis dahin zu verlängern.
Der nun plötzliche Wiederaufbau ist durch einen notariellen Vertrag möglich geworden, den der Abfallzweckverband mit den Versicherungen und dem Generalunternehmen AMB geschlossen hat. Darin ist einerseits der Wiederaufbau fixiert, andererseits die Beendigung der Untersuchungen zur Unglücksursache. Das beim Landgericht Göttingen laufende Beweissicherungsverfahren ist abgebrochen worden. Wieso es zur Havarie kam, bleibt also letztlich ungeklärt.
Nach den bisher vorliegende Teilgutachten scheiden die eingesetzte Technik und Veränderungen der Bodenplatten als Gründe aus. Ob schadhafte Verschraubungen der Fermenter, schadhafte Stahlplatten oder eine Verkettung mehrerer unglücklicher Umstände zum Bersten geführt haben, bleibt offen.
Verschweißte Behälter
Die Versicherungen werden zahlen, kündigte Rakete weiter an. Allerdings werde die Versicherungssumme nicht ganz für den Wiederaufbau reichen. Zwar werden nach seinen Worten statt drei Fermenter-Türmen nur zwei mit einem etwas größeren Durchmesser errichtet - diesmal aber nicht aus verschraubten Stahlplatten, sondern aus verschweißten. "Die Kosten mehr Geld", sagte Rakete. Das Gesamtvolumen der beiden neuen Behälter sei außerdem etwas kleiner als das der drei zerstörten.
Im Vergleich zur Ersterrichtung vor knapp zwei Jahren sei außerdem der Stahlpreis gestiegen. Angesichts der Kosten für die Zwischenlagerung des biologischen Teils des Abfalls seien die nicht von der Versicherung gedeckten Mehrkosten aber gering. "Wir kommen da mit einem blauen Auge raus", resümierte der Geschäftsführer.


Kieler Nachrichten, 17. Juli 2007
Pannen-Müllwerk: Jetzt lässt Lübeck Abfall verbrennen

Lübecks 32 Millionen teures Super-Müllwerk funktioniert immer noch nicht wie geplant. Nach zwei Jahren spricht die SPD mittlerweile vom "organisierten Chaos".Zwei Jahre lang hat sich der Werkausschuss, der die Entsorgungsbetriebe (EBL) kontrolliert, die Sache mit der Mechanisch-Biologischen Abfallanlage (MBA) auf der Deponie Niemark angeschaut. So lange warten die Politiker darauf, dass das 32 Millionen Euro teure High-Tech-Müllwerk von der Stadt abgenommen wird. Jetzt sind sie mit ihrer Geduld am Ende. In einer nicht-öffentlichen Sitzung forderten sie die EBL-Geschäftsführung auf, bis Ende August eine Lösung zu präsentieren. "Ich erwarte, dass jetzt Nägel mit Köpfen gemacht werden", erklärt SPD-Fraktionschef Peter Reinhardt, "wir haben die Faxen dicke." Reinhardt spricht von einem "organisierten Chaos". Was die Politiker nervt: Seit zwei Jahren befindet sich die Anlage immer in irgendwelchen Probephasen. In zwei Jahren sind etliche Pannen passiert - Ausschreibungen, die korrigiert werden mussten, Fehler beim Befüllen der Anlage. Dann erfüllte die MBA über Monate nicht die Werte der Abfallverordnung. Im Klartext: Das, was hinten rauskam, durfte nicht in der Deponie vergraben werden. Seitdem operieren die EBL mit Zwischenlagern, deren Betrieb man sich bei den zuständigen Landesbehörden immer wieder verlängern lässt. Der aktuelle Stand sieht so aus: Der größte Teil des Lübecker Abfalls wird behandelt und abgelagert. Ein Teil des Mülls aus der Vergangenheit ist allerdings in Zwischenlagern deponiert worden. Die Menge kann die EBL-Chefetage nicht benennen. Dieser Müll wird nach Hamburg und Neustadt in Verbrennungsanlagen gefahren. Weil die Anlage mit einer bestimmten Menge gefahren werden muss, wird "Frischmüll" aus Ostholstein und Groß Grönau in die MBA gefahren. "Ringtausch" nennen die Verantwortlichen das. Der Hersteller der Anlage, die Firma Haase aus Neumünster, und die EBL streiten derzeit über den Kauf eines Sternsiebs, das Plastikschnipsel sowie Magnetbänder herausfiltert und 250 000 Euro kostet. So lange wird nach Angaben von Manfred Wicke, technischer Direktor der EBL, die Leistungsphase nicht angefahren. In der Leistungsphase muss die MBA über mehrere Wochen beweisen, dass sie unter Volllast die richtigen Ergebnisse produziert. Ohne Volllast keine Abnahme, bestätigt Jürgen Martens vom Vorstand der Firma Haase. 145 000 Tonnen im Jahr schafft die MBA. Diese Mengen liegen in Lübeck nicht vor. Ausgerechnet in dieser kritischen Phase hat der technische Leiter der MBA, Andreas Seeger, gekündigt. Martens: "Die Anlage gehört zur Spitzenklasse, aber in Lübeck herrscht Personalchaos." Noch nie hätte die EBL die nötige Mannschaftsstärke gestellt. Stattdessen hätten Haase-Techniker die Bagger bedient. Dafür hat Haase den EBL eine Rechnung über mehrere 100 000 Euro geschrieben. Die Gewerkschaft Ver.di hat eine eigene Theorie, warum die MBA noch nicht abgenommen ist. "Die Anlage wird zum Problemfall geredet", mutmaßt Gewerkschaftssekretärin Berith Jordan, "so kann man einen privaten Partner für die Müllabfuhr begründen." Einer, der die MBA gerne betreiben und sogar kaufen würde, ist bei der Stadt schon vorstellig geworden: die Firma Haase, die die Anlage gebaut hat. Von Kai Dordowsky, LN



Fuldaer Zeitung, 28. Juni 2007
Geld aus der Herhof-Pleite
Bürgschaft wird fällig: Landkreis Fulda bekommt 750 000 Euro

FULDA (ic) Der Kreis Fulda geht durch die Herhof-Pleite nicht leer aus. Er erhält 750 000 Euro aus einer Bürgschaft, die die Firma Eon für den Fall eines Konkurses des Müllentsorgungsunternehmens hinterlegt hat.Herhof Umwelttechnik sollte den Müll der Landkreise Kassel, Hersfeld-Rotenburg und Kassel entsorgen. Doch bevor es dazu kam, musste die Firma im Jahr 2005 Insolvenz anmelden. Daraufhin wurde die Bürgschaft fällig und wird jetzt unter den Partnern aufgeteilt. Erster Kreisbeigeordneter Dr. Heiko Wingenfeld (CDU) erläuterte den Mitgliedern des Haupt- und Finanzausschusses sowie des Umweltausschusses den Hergang und empfahl, der vom Abfallzweckverband Hersfeld-Rotenburg vorgeschlagenen Aufteilung der Bürgschaft zuzustimmen. Dies taten sie einstimmig. Im Kreistag wird am Montag dieser Punkt endgültig beraten.Wegen der Herhof-Pleite im Jahr 2005 musste der Kreis Fulda sein Müll-Entsorgungskonzept neu überarbeiten. Statt nach Mecklar in die Sortieranlage wird der Müll derzeit in verschiedene Anlagen gebracht und dort entsorgt. Und dies ist für den Kreis Fulda und damit auch für die Gebührenzahler wesentlich teurer als der mit Herhof vereinbarte Preis.Nach Angaben von Claus Blachnik, stellvertretender Abteilungsleiter des Kreis-Umweltamtes, hat sich dadurch der Entsorgungspreis pro Tonne deutlich verteuert. Statt wie mit Herhof kalkuliert etwa 85 Euro, müssten derzeit 120 Euro (ohne Transport) gezahlt werden. Mit zwei Gebührenerhöhungen von je elf Prozent – eine trat zum 1. Januar 2007 in Kraft, die nächste folgt zum 1. Januar 2008 – sollen die höheren Kosten abgefangen werden.Die 750 000 Euro sollen jetzt in den Gebührenhaushalt Müll des Landkreises fließen. Das Geld aus der Bürgschaft ist aber lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn in den nächsten drei Jahren kostet die Müllentsorgung den Kreis Fulda nach Angaben von Blachnik etwa 30 Millionen Euro.An Vorleistungen für den Bau der Sortieranlage in Mecklar erbrachte der Kreis nach Angaben von Wingenfeld etwa 50 000 Euro an Vorleistungen in Form von Planungskosten.Herhof:Die Kreise Fulda, Hersfeld-Rotenburg, Kassel und der Abfallzweckverband Hersfeld-Rotenburg entschlossen sich im Dezember 2001, gemeinsam ihren Restmüll zu entsorgen. Dazu wurde ein Vertrag mit der Firma Herhof Umwelttechnik geschlossen. Herhof sollte in Mecklar eine Sortieranlage für Restmüll bauen. In dieser Anlage sollte der Müll verwertet und der Brennstoff Trockenstabilat hergestellt werden. Dieser, so die Pläne, sollte an Interessenten wie Kraftwerke verkauft werden. Doch seit 2003 verschlechterte sich die finanzielle Situation bei Herhof. Die Firma sollte von der irischen Treasury Holding übernommen werden. Die Bauarbeiten an der Anlage in Mecklar begannen im Juni 2004 und wurden im Dezember eingestellt. Im März 2005 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.



Neue Osnabrücker Zeitung, 1. August 2007
Müllgebühren erneut rechtswidrig ra Osnabrück.
Der Landkreis Osnabrück hat mit seinen Abfallgebührenbescheiden erneut eine Bauchlandung gemacht. Das Verwaltungsgericht Osnabrück gab gestern zum zweiten Mal einer Klage eines Glandorfer Bürgers statt und hob dessen Bescheid wegen Fehlern in der Kalkulation auf.
Der Mann hatte bereits 2005 erfolgreich die von der Abfallwirtschaftsgesellschaft des Landkreises, AWIGO, versandte Rechnung angefochten. Dagegen hatte der Landkreis Berufung eingelegt, über die das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg bis heute allerdings noch nicht entschieden hat.
Gestern ging es in erster Instanz um den Abfallgebührenbescheid für das Jahr 2006, mit dem von dem Glandorfer für seinen dreiköpfigen Haushalt rund 160 Euro verlangt worden waren. Nach Auffassung der Osnabrücker Verwaltungsrichter ist schon die politische Entscheidung über die Satzung für diese Rechnung nicht korrekt zustande gekommen. Den ehrenamtlichen Kreistagsabgeordneten seien nämlich vor der Abstimmung über eine neue Gebührensatzung nicht alle notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt worden. Wer beispielsweise etwas über Erträge aus der Eigenkapitalverzinsung erfahren wolle, müsse sich aus einem "Zahlenwust" erst selbst die dafür erforderlichen Daten heraussuchen und dann einen Durchschnittswert errechnen. Bei den Abschreibungsmöglichkeiten (mit Abschreibung wird der Wertverlust von Unternehmensvermögen bezeichnet) sei ebenfalls zu wenig Transparenz in der Kalkulation. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts handelt es sich bei den Kommunalpolitikern im Kreistag um "schützenswerte Entscheidungsträger" und nicht um "Absegner" der zuvor von der Kreisverwaltung und der AWIGO vorbereiteten Beschlussvorlagen. Die Kommunalpolitiker müssten die maßgeblichen Entscheidungen selbst treffen.
Ende 2005 hatte das Verwaltungsgericht Osnabrück schon einmal die Abfallgebührenbescheide des Landkreises Osnabrück für rechtswidrig erklärt. Damals war unter anderem moniert worden, dass eine angesparte Rücklage von bis zu 4,7 Millionen Euro für Risiken, die sich aus der Herhof-Insolvenz ergeben könnten, so nicht zulässig sei.
Möglicherweise hätte es zu der erneuten juristischen Auseinandersetzung gar nicht kommen müssen. Am Rande der Verhandlung zeigte der Kläger gestern nämlich durchaus eine gewisse Kompromissbereitschaft. Geärgert habe ihn beispielsweise, so der Mann aus Glandorf, dass er eine Mahnung für die Abfallgebühren bekommen habe, obwohl das Oberverwaltungsgericht noch gar nicht in zweiter Instanz über die Rechtmäßigkeit entschieden habe. Die Mahnung hat die AWIGO inzwischen mit Bedauern zurückgenommen. Mit großem Interesse haben die Vertreter der AWIGO und der Kreisverwaltung gestern auch zur Kenntnis genommen, dass der Glandorfer sämtliche Klagen zurückziehen würde, wenn die Berufung gegen das Urteil vom November 2005 zurückgezogen würde.